The Callisto Protocol Technik-Details - Unreal Engine, Custom-Raytracing, aufwendige Shader und feine Beleuchtung

2022-09-19 13:48:07 By : Ms. may Daihe

Wenn wir ein Spiel nennen müssten, dass nach der diesjährigen Gamescom besonderen Eindruck hinterlassen hat, so wäre dies wohl The Callisto Protocol. Der Sci-Fi-Survival-Horror ist eine Verbeugung vor dem geliebten Klassiker Dead Space und setzt auf die Unreal Engine 4.27 samt technischer Erweiterungen, darunter einen individuellen Raytracing-Ansatz.

Fans von düsteren Science-Fiction-Szenarien und Survival-Horror steht ein echter Leckerbissen bevor: The Callisto Protocol bietet nicht nur fremde, lebensfeindliche Welten, finstere Stationen und einsame Schreie, die ungehört verhallen, sondern ist außerdem ein spiritueller Nachfolger des geliebten Survival-Horror-Klassikers Dead Space. Abseits einiger weniger Ausnahmen, Indie-Titeln und Capcoms Resident-Evil-Reihe sind sowohl düstere Weltraum-Szenarien als auch Survival-Horror-Games eine Seltenheit und in der modernen Spielelandschaft zur Nische verkommen.

Doch nach langer Zeit des Darbens dürfte einigen Fans geradezu das Wasser im Mund zusammenlaufen. Denn The Callisto Protocol (jetzt kaufen 175,98 € ) macht nicht nur vom Gameplay und dem Szenario einen ausgezeichneten Eindruck, sondern ist auch optisch sehr beeindruckend. Das Spiel wird in erster Linie für Playstation 5, Xbox Series und PC entwickelt, nutzt einige grafisch sehr ansehnliche Rendertechniken und eine sichtbar aufwendige Beleuchtung und Verschattung. Für Schatten, Umgebungsverdeckung und Reflexionen kommt obendrein Raytracing zum Einsatz - und zwar nicht in Form der bereits in der genutzten Unreal Engine 4.27 integrierten Effekte, sondern in Form von einem Custom-Ansatz. Dieser erlaubt den Einsatz von Raytracing auch auf den Next-Gen-Konsolen, wie wir anhand der vorgestellten PS5-Fassung bezeugen können.

The Callisto Protocol stammt von dem noch jungen, im kalifornischen San Ramon ansässigen Entwickler Striking Distance Studios, dessen Vorsitzender ist Glen Schofield. Dieser konnte unter anderem als Video Game Artist und -Designer, als Vize-Präsident und General Manager von Dead-Space-Entwickler Visceral Games sowie als Mitgründer des Call-of-Duty-Studios Sledgehammer Games Erfahrung sammeln. Der Publisher ist die südkoreanische Firma Krafton, vormals bekannt als Bluehole (Playerunknown's Battlegrounds). Auf der Gamescom 2022 konnten wir eine etwa halbstündige, live vorgespielte Preview-Version bestaunen, die auf einer Playstation 5 inklusive Raytracing lief. Darauf hatten wir Gelegenheit, Mark James, den Chief Technology Officer (CTO) von Striking Distance mit Technikfragen zu löchern. Wir haben obendrein eine Interview-Anfrage an das Studio gesandt, um weitere spannende Details über die Technik und The Callisto Protocol im Allgemeinen zu erfahren.

In The Callisto Protocol schlüpfen Sie in die Haut und darauf den schweren Raumanzug von Jacob Lee (in der Original-Version vertont von Josh Duhamel), den es im Jahre 2320 in das Black Iron Prison auf den Jupitermond Callisto verschlägt. Wie in einem Horror-Titel üblich geht es dort nicht mit rechten Dingen zu und schon bald müssen Sie sich in den düsteren Gängen des finsteren Science-Fiktion-Verlieses mutierter Insassen und allerlei Abscheulichkeiten erwehren. Unter der uralten, eisigen Oberfläche des zweitgrößten Jupitermonds lauert eine unheimliche, außerirdische Macht, welche die unglücklichen Bewohner des Hochsicherheitsgefängnisses in schleimige Tentakelmonster und Krallen bewehrte Ungetüme verwandelt.

Ähnlich wie in Dead Space ist der Protagonist kein waffenstarrender Elite-Soldat, sondern wurde von unglücklichen Umständen - die genaueren Story-Details sind bislang geheim - mit dem Horror auf den eisigen Jupitermond konfrontiert. Jacob greift daher wie damals Isaac auf eine Vielzahl zur Waffe umfunktionierter Werkzeuge zurück, um Gliedmaßen, Tentakel und schleimige Auswüchse blutig von ihren Besitzern zu trennen. Auch eine Gravity-Gun ähnlich wie in Half-Life 2 wird es geben, mit der sich die mutierten Alien-Ungetüme in diverse Schächte, Ventilatoren und stählerne Mühlen bugsieren und dort artgerecht entsorgen lassen. Wie in Dead Space nutzt The Callisto Protocol während dem regulären Spielen kein User Interface im klassischen Sinne. Der Stand der Lebensenergie ist für Sie stattdessen an einer leuchtenden Anzeige am Rücken von Jacobs Rüstung ersichtlich, den Munitionsstand Ihres ausgewählten Werkzeugs zwecks Alien-Filettierung lesen Sie beim Zielen direkt an der Waffe ab. The Callisto Protocoll (3) Quelle: Striking Distance Studios Auch dem Nahkampf wird eine gewisse Rolle zukommen. Da Jacob kein trainierter Space-Marine ist und er obendrein in einer schweren Rüstung steckt, wirken die Nahkampfanimationen, Schläge und Tritte in den gezeigten Szenen eher langsam. Jacob holt weit und gewichtig aus, stampft keuchend vorwärts und landet ungelenke, aber schwere Schwinger. Dank der sehr fachkundig umgesetzten Kameraführung, der geschmeidigen Animationen und der wuchtigen audio-visuellen Effektuntermalung wirken die Nahkämpfe in der Preview-Version trotz der eher langsamen Geschwindigkeit sehr dynamisch. Und schon beim Zuschauen erscheint es, als wäre geschicktes Timing und das Ablesen der Gegnerbewegungen bei den Auseinandersetzungen von einigem Vorteil. Die Animationen der mutierten, mit zuckenden Tentakeln und scharfen Krallen bewehrten Gegner und des Spielercharakters werden durch ein prozedurales Animationssystem unterstützt, welches die Bewegungen interpolieren und dynamisch neue Animationsframes erstellen kann, um die Bewegungen nochmals geschmeidiger und lebensechter wirken zu lassen. Der charakteristische Tritt Isaacs, um zu Boden gegangenen Mutanten den Rest zu geben, hat es übrigens ebenfalls aus Dead Space zum Jupitermond Callisto geschafft.

Die Gegner sollen sich sehr intelligent und gerissen verhalten können. Sieht sich ein Mutantenmonster in einer unvorteilhaften Position, so können sie vor dem Spieler Reißaus nehmen, sich in der Umgebung verstecken und dort auf eine bessere Gelegenheit lauern. Solcherart dynamischer Hinterhalte und das clevere Gegnerverhalten sollen statt der im Horror-Genre häufig genutzten, aber oft vorhersehbaren und nur einmal effektiven Jump-Scares für Angst und Schrecken sorgen. Level- und Audio-Design sollen dagegen durch dichte, unheilvolle Atmosphäre eher auf psychologischer Ebene für Horror sorgen.

Was wir spielerisch von The Callisto Protocol gesehen haben, erinnert wirklich auf beste Art an eine moderne Version des Horror-Klassikers Dead Space. Doch damit nicht genug, denn The Callisto Protocol war eins der, wenn nicht sogar DAS grafisch ansprechendste Spiel der diesjährigen Gamescom. Und es ist auch technisch ein sehr fortschrittliches Spiel. Zwar nutzt The Callisto Protocol noch die Unreal Engine 4, doch handelt es sich mit Version 4.27 (erschienen im August 2021, aktuell ist 4.27.2) um eine aktuelle und sehr fortschrittliche Version der Engine. Version 4.27 brachte recht weiträumige Verbesserungen, unter anderem an den Film-Tools der Engine, der UE4-Beleuchtungstechnik Lightmass, Updates für Haar- und Fell-Rendering sowie die Gesichtsdarstellung, einen verbesserten Raytracing-Workflow und Optimierungen für transparente Materialien wie Glas. Es kommen für The Callisto Protocol obendrein einige Effekte und Werkzeuge aus dem Film-Toolset der Unreal Engine 4 zum Einsatz, die für ihren Realtime-Einsatz angepasst und optimiert wurden - ein wenig so wie in The Quarry oder Kena Bridge of Spirits. The Callisto Protocoll (1) Quelle: Striking Distance Studios Obendrein haben die Entwickler von Striking Distance Studios Unterstützung von Epic erhalten und einige Elemente aus der Unreal Engine 5 in die UE4 importiert und bei einer Vielzahl Techniken selbst Hand angelegt oder diese gleich komplett neu erstellt. Eins dieser Elemente ist etwa das dynamische Zerlegen der Widersacher, das Gore-System kann Blutspritzer, Fleischfetzen und tiefe Wunden dynamisch generieren, überblenden und berücksichtigt virtuelle Muskeln, Fleisch und Knochen. Die blutige Fleischbeschau profitiert obendrein von den sehr aufwendigen Materialien und dem großzügigen Einsatz von Subsurface Scattering, um durchscheinende Haupt und den Blutfluss dahinter zu simulieren.

Für die Material-Erstellung hat Striking Distance Studios schwere Geschütze aufgefahren und in hochwertige Technik investiert. Um die PBR-Materialien zu erfassen und zugleich eine ausgesprochen realistische Interaktion mit der Beleuchtung zu gewährleisten, wurden die entsprechenden Oberflächen unter einer Vielzahl unterschiedlicher Beleuchtungsszenarien fotografiert. So wurden etwa die Materialien, welche Jacob bekleiden, unter über 30 verschiedenen Lichtstimmungen festgehalten und diese Informationen in die Material-Shader integriert. Zwischen diesen unterschiedlichen Informationen kann obendrein interpoliert werden, um weitere, nahezu perfekt zur Lichtsituation passende Material-Eigenschaften zu erhalten. Wenn Sie die Hauptfigur in den Trailern und Screenshots genauer ins Auge nehmen, werden Sie feststellen, wie fein die Materialien wie Haupt, Kleidung und Rüstung mit der Beleuchtung interagieren. The Callisto Protocoll (13) Quelle: KRAFTON, inc. Die Beleuchtung - oder besser noch: Die Schattenwürfe waren es dann auch, die uns bei der Vorschau sofort ins Auge gesprungen sind. Und an dieser Stelle fährt The Callisto Protocol schwere Geschütze auf. Für die Schatten nutzen die Entwickler von Striking Distance einen Custom-Hybrid-Raytracing-Ansatz, also nicht(!) jenen, der bereits in die Unreal Engine 4 integriert ist. Das Raytracing ist aber nicht der eigentliche Grund, weshalb uns die Schatten sofort aufgefallen sind, sondern deren Menge. In aktuellen Spielen werden zumeist nur sehr wenige Lichtquellen genutzt, die Schatten werfen, da diese sehr anspruchsvoll ausfallen. Nicht nur die Grafikkarte wird durch die zusätzlichen Schatten stark belastet und muss für jede zusätzliche Lichtquelle einen ebenso zusätzlichen Renderpass vollziehen, auch der Prozessor wird durch den erhöhten Verwaltungsaufwand stärker belastet. Obendrein belegt ein Mehr an Schatten außerdem zusätzlichen Grafikspeicher. Ebendarum gehen viele aktuelle und bisherige Spiele (insbesondere letzter Generationen) sehr sparsam mit dem Einsatz von Schatten werfenden Lichtquellen um. Viele Open-World-Titel nutzen abseits der Sonne bzw. dem Mond praktisch keine weiteren oder nur stark in ihrer Sichtweite eingeschränkte Shadow Caster. Die Unreal Engine 4 unterstützt gar maximal 4 pro Szene. Doch nicht so The Callisto Protocol. Mit dem hauseigene Hybrid-Raytracing-Ansatz und nach Eingriffen in die Engine sind nun gar 8 Schatten werfende Lichter auf einem Raum von etwa 20 Ingame-Metern möglich, das ist abseits einiger Ray- bzw. Pathtracing-Ports im Grunde bislang ungesehen und ein massiver Fortschritt bei der Beleuchtung. The Callisto Protocoll (11) Quelle: KRAFTON, inc. Diese Schattenwürfe tragen der Horror-Atmosphäre natürlich ausgesprochen stark zu. Wenn Sie sich mit der (Schatten werfenden!) Lampe an Jacobs Anzug durch die düsteren, metallischen Gänge schleichen, zuckende Schatten eines Deckenventilators Bewegungen in den Augenwinkeln suggerieren und flackerndes Licht stroboskopartig finstere Umrisse erzeugt und wieder auflöst, während huschende, tentakelbesetzte Silhouetten an die Wände projiziert werden, kommt bester Horror-Flair auf. Die Schattendarstellung ist ein Element, bei dem Raytracing einen potenziell großen, weitreichenden Einfluss auf die Darstellung zukünftiger Spielewelten haben könnte. Eben aus dem Grund, weil Raytracing eine Vielzahl Schwachstellen von konventionellem Shadow Mapping, darunter Aufpixeln, geringe Sichtweite und eben eine starke Beschränkung bei Schatten werfenden Lichtquellen ausräumen können - zumindest theoretisch. The Callisto Protocol genießt natürlich den Vorteil der eher beschränkten Umgebung und kann wohl auch aus diesem Grund selbst auf den Konsolen einen großen Teil des vorhandenen Render Budgets auf kleinem Raum für Schattierungen verfeuern. Trotzdem ist es sehr spannend, die fortschrittliche Technik auch auf Konsolen zu sehen, auch wenn es bei der Preview-Version auf der PS5 noch zu einigen kleineren Rucklern kam.

Neben den Schatten werden außerdem Umgebungsverdeckung und Reflexionen mit einem Custom-Raytracing-Ansatz dargestellt. Die Spiegelungen machen einen guten Eindruck, zumindest jene der gezeigten PS5-Version ließen allerdings eine relativ geringe Auflösung erkennen und hier und dort (etwa auf dem reflektierenden Boden unter einem ebenfalls spiegelnden Metalltisch) kam es bei der GC-Präsentation zu einigen kleineren Artefakten. Doch wir sind sehr zuversichtlich, dass die offenkundig mit Raytracing vertrauten Entwickler solcherlei technische Kleinigkeiten vor Launch in den Griff bekommen werden. Die Raytracing-Umgebungsverdeckung ist ebenfalls sehr positiv zu werten. Gerade in einem oft düsteren, mit vielen indirekt ausgeleuchteten und verschatteten Ecken und Kanten, engen Szenario wie dem Black Iron Prison würde eine am Bildrand stets ausblendende Screen-Space-Ambient-Occlusion wohl recht störend ins Auge fallen. The Callisto Protocoll (5) Quelle: Striking Distance Studios Neben Raytracing für Schatten und Reflexionen kommt überdies eine verwandte Technik für das Audio zum Einsatz. The Callisto Protocol nutzt die potente Audio-Middleware Wwise, die darin integrierte 3D-Spatalisation, um den Sound zu "verräumlichen" und etwa via HRTF-Protokoll auf Kopfhörern wiederzugeben. Um die Glaubwürdigkeit der Klänge und die Atmosphäre zu steigern, kommen in The Callisto Protocol außerdem die optionalen Raycasting-Berechnungen der Audio-Middleware zum Einsatz. Diese beinhalten multiple Schallreflexionen, Okklusion, wenn Objekte den Schall verdecken und berücksichtigen die Materialien, von denen der virtuelle Schall zurückgestrahlt wird. Die Wwise-Raycasting-Berechnungen laufen aktuell über die CPU, laut unserem technisch versierten Gesprächspartner ist es nun mit den Next-Gen-Konsolen erstmals realistisch möglich, solch komplexe Audioberechnungen durchzuführen. Wir freuen uns, der spannenden Audio-Technik in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft (und abseits der tosenden Messe) einmal ein aufmerksames Ohr zu schenken.

Viel von dem spannenden Sci-Fi-Horror ist noch ungewiss. Doch nach dem Bestaunen des auf der Gamescom vorgeführten Materials sind wir sehr zuversichtlich, dass mit The Callisto Protocol tatsächlich ein würdiger, geistiger Nachfolger des Klassikers Dead Space in der Mache ist - und dass die Entwickler reichlich Ahnung von sowohl Materie als auch Engine-Unterbau besitzen. Wir können es kaum abwarten, selbst Hand anzulegen, die feine Technik zu bestaunen, das von Düsternis und blutigen Auseinandersetzungen gekennzeichnete Weltraumgefängnis zu erkunden und den atmosphärischen Horror aufzusaugen, der unter der Millionen Jahre alten Oberfläche des eisigen Jupitermondes lauert. Allzu lange müssen wir uns hoffentlich nicht mehr gedulden, The Callisto Protocol soll nach aktueller Planung bereits am 2. Dezember 2022 erscheinen. Und mit ein wenig Glück können wir Ihnen bald weitere Technik-Details verraten.