Der Countdown läuft: Schon 2024 soll Notre-Dame wieder für Besucher zugänglich sein. Mitten in den Restaurierungsarbeiten gewähren Handwerker Einblicke in ihre Arbeit.
Graues, dunkles Glas: Mehr ist nicht zu sehen, bis Emma Groult auf den ersten Lichtschalter drückt. Erst zeichnen sich nur die Konturen eines Kopfes mit Krone und einer Figur mit Flügeln ab. Mit jeder weiteren der insgesamt fünf Lichtquellen werden die Platten bunter, der weiße Bart und die bunten Flügel erkennbar.
Als Glasmalerin restauriert Groult seit Mai dieses Jahres in ihrer kleinen Werkstatt die Paneele von zwei Fenstern aus der am 15. April 2019 in Flammen stehenden Pariser Kathedrale Notre-Dame. Beschädigt waren die Fenster kaum, dafür aber verschmutzt.
Wie sie mit Wattestäbchen vor den Fenstern steht, jeden Millimeter der Fenster aus dem 19. Jahrhundert abgeht: Es ist eine Arbeit, die still, fast heimlich im eine Stunde südlich von Paris gelegenen Saint-Rémy-lès-Chevreuses geschieht.
Erst an diesem Wochenende, den europäischen Tagen des Denkmals, stellt eine Kollegin Groults aus einer der acht weiteren Glasmaler-Werkstätten gemeinsam mit zahlreichen anderen Restaurateuren auf dem Platz vor der Kathedrale die Restaurierungsarbeiten des Inneren der Kathedrale vor.
Die empfindlichen Fenster werden nicht ausgestellt, dafür aber sprechen drei Orgelbauer über die große Orgel, die sie sowohl vor Ort als auch in ihren Werkstätten restaurieren, weitere Handwerker über die zu restaurierenden Skulpturen. Das Interesse an der Arbeit der über 50 Betriebe ist groß, vor dem abgezäunten Bereich stehen Franzosen wie Touristen aus dem Ausland schon vor dem offiziellen Beginn Schlange.
Nach dem Brand in der Pariser Kathedrale Notre Dame vor genau drei Jahren ist diese nun nicht mehr einsturzgefährdet.
Die Arbeiten im Inneren der Kathedrale wurden erst nach Abschluss der Sicherungsarbeiten im Herbst 2021 ausgeschrieben, begannen wie bei Groult oft erst im Frühjahr dieses Jahres - und sollen im nächsten Jahr zum großen Teil schon wieder abgeschlossen sein. Der Zeitplan ist straff, denn am gemeinsamen Ziel wird eisern festgehalten: dem Wiederaufbau der Kathedrale bis 2024.
An diesem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron festgelegten Zeitplan hegen einige Zweifel, doch offiziell wird er nicht infrage gestellt. Zu groß ist die Symbolik dahinter. 2024 finden die Olympischen Spiele in Paris statt. Aber in den fünf Jahren steckt auch eine in französischen Medien viel diskutierte Metapher: Fünf Jahre dauert auch eine Amtszeit.
Chefarchitekt Philippe Villeneuve sagt dem ZDF: "Man muss aufhören zu denken, dass die vom Präsident der Republik gegebene Frist von fünf Jahren eine völlig unhaltbare ist. Wenn sie nicht einhaltbar gewesen wäre, hätte ich niemals gesagt, dass wir es schaffen können."
Stattdessen betont Villeneuve, dass die Restaurierung gut vorangeht. Corona, Unwetter: Es habe durchaus kleine Verzögerungen gegeben, aber dem großen Ziel ständen sie nicht im Weg. Relativiert wird an anderer Stelle: 2024 sollen die Arbeiten im Inneren, also etwa an der Elektrik und an der völligen Neugestaltung des Brandschutzes abgeschlossen sein, Messen wieder stattfinden. Das Äußere der Kathedrale aber wird weiter restauriert werden.
Welcher Aufwand der Brand und die anschließenden Restaurierungsarbeiten bedeuten, lässt sich mittlerweile auch immer besser in Zahlen fassen: Von den 846 Millionen Euro Spendengeldern wurden 150 Millionen Euro für die Sicherungsmaßnahmen bis in den Herbst 2021 ausgegeben. Für die laufenden Restaurierungsarbeiten sind rund 550 Millionen Euro vorgesehen - unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Inflation.
Das übrige Geld soll in das Äußere der Kathedrale fließen. Arbeiten, die die Kathedrale so "schön wie noch nie" machen sollen, wie Architekt Villeneuve betont.
Drei Jahre nach dem Brand wird Notre-Dame weiter renoviert und aufgebaut. Nun ist die Orgel an der Reihe. Zu den Olympischen Spielen 2024 soll die Kathedrale wieder zugänglich sein
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