Irres Beweisfoto: Die Erde ist (k)eine Scheibe! | Wissen & Umwelt | DW | 02.06.2022

2022-06-25 20:06:58 By : Ms. Nina Wu

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Ein angeblich geleaktes Satelliten-Foto soll beweisen, dass die Erde doch eine Scheibe ist. Verschwörungstheoretiker rund um den Globus (!) feiern.

Die Erde ist rund! Das weiß doch jedes Kind - sollte man meinen

Dass in den Sozialen Medien viel Schwachsinn und Fakes zu finden sind, ist traurige Wahrheit. Aber manche Geschichten sind so irrsinnig, dass es schon wieder lohnt, der Sache nachzugehen: Auf Telegram und anderen Social-Media-Plattformen macht derzeit unter Verschwörungstheoretikern ein Bild die Runde, das beweisen soll, dass die Erde doch eine Scheibe ist. Anhänger der Flat-Earth-Bewegung rund um den Globus (hihi) sind begeistert, endlich den finalen Beweis gefunden zu haben.

Gut, mag man meinen, schön für die paar Spinner. Aber es gibt überraschend viele Interessengruppen mit großen Fangemeinden, die sich für die Theorie von der Flacherde begeistern. Allein die Flat Earth Society hat rund 250.000 Follower auf Facebook (die allerdings nicht alle an die Theorie glauben).

Das jetzt gehypte Bild und zehn weitere sind angeblich geleakte Aufnahmen eines SpaceX-Satelliten des US-Unternehmers Elon Musk. Verbreitet wurde es auch von Verschwörungstheoretikern der rechtsextremen QAnon-Bewegung : "Datenleck bei Elon Musk UND der NASA - dieses Foto und weitere elf Fotos sollen von einem der Space-X-Satelliten von Elon Musk stammen", schreibt einer von ihnen bei Twitter. "Diese Fotos sind bei der Übertragung nicht verschlüsselt übertragen worden. NASA-Hacker hätten diese abgefangen."

Und der User ancronat begeistert sich auf Twitter: "Das ist der Hammer (!!!) Begreift Ihr die Tragweite dieses Posts? Das Ende der rotierenden Billiardkugeln im Kreisflug um die Sonne ist eingeläutet..."

Nun, in der mythologischen Vorstellung vieler Frühkulturen war die Erde eine Scheibe. Aber spätestens in der Antike setzte sich die Erkenntnis von der Kugelform unseres Planeten durch. Im 3. Jahrhundert nach Christus konnte Eratosthenes bereits den Erdumfang präzise berechnen.

Selbst im angeblich so finsteren Mittelalter glaubte kaum jemand daran, dass die Erde eine Scheibe sei, auch wenn dieser Mythos bis ins 19. Jahrhundert behauptet wurde.

Dass die Menschen im Mittelalter die Erde als Scheibe sahen, ist ein Mythos des 19. Jahrhunderts

In jenem 19. Jahrhundert propagierte unter anderem der britische Erfinder und Autor Samuel Rowbotham (1816-1884), dass die Erde flach sei und berief sich dabei auf entsprechende Bibelstellen.

Laut Rowbotham war die Erde eine Scheibe mit dem Nordpol im Zentrum und mit einem unüberwindbaren Eiswall am Rand. Die Sonne sei weniger als 4000 Meilen von London entfernt. Eine Halbkugel mit Sternen stülpe sich über die Erde. Nicht die Erde drehe sich, sondern die Sonne und der Mond flögen in Kreisbahnen über der flachen Erde.

Was wäre, wenn die Erde flach wie ein Pfannkuchen wäre...

Rowbothams Ideen wurde in den USA von der Christian Catholic Apostolic Church übernommen. Die 1956 gegründete International Flat Earth Society blieb zunächst bedeutungslos, die zahlreichen Fotos von der Erdkugel aus dem Weltall werteten die "Flat Earther" schlicht als Verschwörung.

Erst zu Beginn des 21. Jahrhundert sorgte ein neuer Präsident der International Flat Earth Society für neues Interesse an der Theorie - und dank der Sozialen Medien erlebt der Glaube an die Flacherde einen neuen Boom. 

Und das Foto? Ist dies nun endlich der finale Beweis? Auf dem Foto sind die Kontinente verzerrt zu sehen. Seitlich sind Sonne und Mond zu erkennen. Rundherum etwas weißes, das an Eis erinnert.

Das erinnert doch an... Da mag sich manch Verschwörungstheoritiker etwas zusammenreimen, aber das Foto ist kein Beweis, sondern ein plumper Fake. Dies zeigt auch ein Faktencheck von Mimikama, einer deutschsprachigen "Plattform zur Aufklärung von Internetbetrug und Falschmeldungen". 

Die Faktenchecker entlarven "offensichtliche Ungereimtheiten", etwa dass die Starlink-Satelliten von SpaceX gar nicht über Kameras verfügen, die die Erde fotografieren. Das Foto sei "keineswegs ein neues 'geleaktes' Foto", sondern es schwirre bereits seit mehr als drei Jahren als Meme durchs Internet, heißt es bei Mimikama.

Laut den Faktencheckern handelt es sich bei dem Foto um eine stereographische Projektion, mit der man etwa in der Geometrie eine Kugel auf eine Ebene projizieren kann. Dieses Video erklärt die Technik: 

Da Kugeln und Ebenen in vielen Bereichen der Mathematik und ihrer Anwendungen vorkommen, wird die stereografische Projektion auch etwa bei komplexen Analysen, in der Kartografie, Geologie und Fotografie genutzt.

Aber wahrscheinlich werden auch diese Fakten die Verschwörungstheoretiker und "Flat Earther" nicht überzeugen. Die Mehrheit von ihnen wird weiterhin ihren "alternativen Fakten" glauben.

Regisseur Oliver Stone, der sich in seinen Filmen oft mit Verschwörungen auseinandergesetzt hat, bewies 1991 in "JFK" viel Gespür für das Thema. Hier ist es Staatsanwalt Jim Garrison (Kevin Costner), der die These ablehnt, der Präsident sei von einem Einzeltäter ermordet worden. Seine Theorie: Ein weit verzweigtes Netzwerk, der "tiefe" Staat und die Waffenlobby steckten hinter dem Attentat.

Nach den Morden an den Kennedys, dem Watergate-Skandal und dem Vietnam-Krieg waren Teile der amerikanischen Bevölkerung stark verunsichert. Filmemacher wie Alan J. Pakula griffen das in den 1970er Jahren auf. Pakula drehte seine Paranoia-Trilogie, einer dieser Filme war 1974 "Zeuge einer Verschwörung" mit Warren Beatty (r.).

So gehört natürlich auch Pakulas zwei Jahre später gedrehter Film "Die Unbestechlichen" zu den Klassikern der Verschwörungsfilme. Es ist die Geschichte der Journalisten Carl Bernstein (Dustin Hoffman) und Bob Woodward (Robert Redford). Die beiden decken ein Polit-Komplott auf, dass später als "Watergate-Skandal" in die Geschichtsbücher eingeht.

Gleich zweimal wurde Richard Condons "Der Manchurian Kandidat" verfilmt, 1962 vor dem Hintergrund des Kalten Krieges mit Frank Sinatra und Laurence Harvey, 2004 mit Meryl Streep und Denzel Washington (unser Bild). Beim neuen Film ersetzte der Nahost-Konflikt das Thema Kalter Krieg. In der komplexen Handlung geht es um "ferngesteuerte" Morde unter Hypnose und alle möglichen Verschwörungsmythen.

Auch dieser Stoff wurde zweimal verfilmt, zunächst 1997 in Spanien ("Abre los ojos" von Alejandro Amenábar), dann 2001 in Hollywood von Cameron Crowe unter dem Titel "Vanilla Sky" mit Tom Cruise und Penélope Cruz. Hier geht es nicht um eine politische Verschwörung, sondern um einen Konzern, der Menschen programmiert und steuert. Das wird zumindest angedeutet.

Ein moderner Klassiker des Verschwörungs-Genres (u.a. mit Tom Hanks) ist "The Da Vinci Code" (2006) nach dem Bestseller von Dan Brown. All die Verschwörungen bzw. Theorien hier aufzuzählen, die in dem Film eine Rolle spielen, würde hier zu weit führen. Es geht um Religion und Kirche, um Opus Dei und den Heiligen Gral und mehr. Das war sehr erfolgreich, mit "Illuminati" folgte eine Fortsetzung.

In den USA entstanden in den letzten Jahrzehnten wohl die allermeisten Filme zum Thema. Doch auch das europäische Kino hat einiges zu bieten. Einen besonders gelungenen Film inszenierte vor zehn Jahren Roman Polanski mit Pierce Brosnan. Aber auch "Der Ghostwriter" spielt in den USA. Gedreht wurde der Film über politische Intrigen, über Außen- und Wirtschaftspolitik vor allem in Deutschland.

Ein Meister des Politfilms, in dem es nicht selten um Verschwörungen aller Art geht, ist der griechisch-französische Regisseur Constantin Costa-Gavras. Berühmt wurde er 1968 mit seinem Film "Z" (unser Bild), weitere Filme über angebliche und real existierende Verschwörungen folgten. Immer wieder entzog Costa-Gavras den Zuschauern den Boden unter den Füßen.

Und auch das deutsche Kino hat sich dem Thema hin und wieder gewidmet. Besonders gut gelang das dem jungen Hans-Christian Schmid im Jahr 1998 mit dem Film "23 - Nichts ist so, wie es scheint". Ein junger Computer-Hacker (August Diehl l.) steigert sich in eine Obsession, die auf einer weltweiten Verschwörung fußt - die Zahl 23 spielt dabei eine wichtige Rolle. Ein Film, der noch heute aktuell ist.

Es waren antisemitische Verschwörungsfilme: Die Propaganda-Werke, die die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 drehen ließen. Der bekannteste war "Jud Süss" mit Ferdinand Marian (Bild). Doch im Unterschied zu den hier aufgelisteten neun vorherigen Filmen, die zur Unterhaltung gedreht wurden, meinten es diese Verschwörungsfilme ernst. Sie sollten die antisemitische Hetze der Nazis bebildern.

Autorin/Autor: Jochen Kürten

In einer früheren Version des Artikels war der Name der Faktencheck-Plattform Mimikama falsch geschrieben. Dies wurde korrigiert. Die Redaktion bittet, den Fehler zu entschuldigen.

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