Sind Smartphone-Displays aus Gorilla-Glas wirklich besser?

2022-01-25 10:48:51 By : Ms. Ivy Luo

Typischer Unfall: Ein Sturz auf den Asphalt - schon ist das Smartphone-Display kaputt: Bei Gorilla-Glas soll das zumindest seltener vorkommen. (Quelle: Franziska Gabbert/dpa)

Immer mehr Smartphone-Hersteller werben mit Displays aus angeblich extra robustem "Gorilla Glass". Das klingt stark – doch was steckt wirklich dahinter?

Wer heutzutage nach einem neuen Smartphone stöbert, stößt in der Beschreibung der Modelle häufig auf einen Begriff: "Gorilla Glass". Dieses Material soll Smartphone-Displays widerstandsfähiger machen und vor Kratzern und Rissen schützen. Doch sind Bildschirme aus Gorilla-Glas tatsächlich besser oder handelt es sich nur um eine clevere Marketing-Masche? Hier die wichtigsten Fakten. 

Mit dem Markennamen "Gorilla Glass" ist es der Firma "Corning" aus den USA gelungen, sich mit ihrem Produkt von der Konkurrenz abzuheben. Der Name ist eingängig und weckt beim Kunden Assoziationen. Deshalb werben Smartphone-Hersteller gerne damit, dass ihre Displays aus robustem Gorilla-Glas bestehen. Dabei ist die Technologie dahinter gar nicht neu: Auch andere Hersteller fertigen vergleichbare Displays aus Spezialglas. Es gibt zahlreiche Alternativen zum Gorilla-Glas – sie sind nur nicht so bekannt. 

Displays aus Gorilla-Glas werden schon seit ein paar Jahren von zahlreichen Smartphone-Herstellern bevorzugt, erklärt Gadget-Experte Frank Ritter von Giga.de. Und das hat seine Gründe: "Diese Displays bringen mehrere verbesserte Eigenschaften mit sich", sagt Ritter. Sie gelten als leichter und vergleichsweise reflexionsarm, bruchsicher und kratzfest. "Diese Vorzüge sind auch tatsächlich messbar. Das sind also nicht nur Werbeversprechen", so der Experte. 

Der erste Konzern, der die Qualitäten des Gorilla-Glases in der Smartphone-Herstellung erkannt hat, war Apple. Schon das erste iPhone kam 2007 mit einem 1,5 Millimeter dicken Display von Corning auf den Markt. Zuvor fanden vor allem Hersteller von Spezialgeräten für Haushalt, Fahrzeugtechnik, Luftfahrt oder Medizin Anwendung für das widerstandsfähige Glas von Corning. 

Später wurde das Glas speziell für die aufkommende Smartphone-Industrie weiterentwickelt. Mit der Zeit wurde es dabei immer dünner, gleichzeitig robuster und dadurch noch interessanter für Handy-Hersteller. Inzwischen setzen 45 Smartphone-Marken auf Gorilla-Glas. Laut Corning ist es in sechs Milliarden Geräten weltweit verbaut. Eine vollständige Liste aller Gerätemodelle findet man auf der Firmenwebseite. 

Gorilla-Glas besteht aus Alkalimetallsilikat, einer Verbindung aus Aluminium, Silizium und Sauerstoff. Seine besonderen Eigenschaften entstehen durch einen chemischen Prozess, für den das Material unter anderem in 400 Grad Celsius heißem geschmolzenem Salz gebadet wird. Dadurch wird eine besonders hohe Oberflächenspannung erzeugt, die das Glas vor Rissbildung schützt. Das fertige Abdeckglas ist weniger als einen Millimeter dick, besteht aber aus unzähligen hauchdünnen Schichten, erklärt Gadget-Experte Ritter. 

Gorilla-Glas ist nicht gleich Gorilla-Glas. Der Hersteller Corning entwickelt die Technologie immer weiter. Dabei gibt es von Generation zu Generation Qualitätsunterschiede. So war Gorilla Glass 4 beispielsweise darauf getrimmt, Stürze aus geringer Höhe zu überstehen. Dafür erwies sich die neue Glasabdeckung aber als kratzempfindlicher als die Vorgängerversion. Viele Smartphone-Hersteller nahmen daher mit der älteren Generation Vorlieb. 

Gorilla Glass 5 wiederum verspricht sowohl verbesserten Schutz vor Kratzern als auch Sturzschäden. Vor kurzem stellte Corning die sechste Generation seines Erfolgsprodukts vor. Gorilla Glass 6 soll noch einmal nahezu doppelt so robust sein als Version 5. Im Labortest soll das Gorilla Glass 6 im Durchschnitt 15 Stürze aus einer Höhe von einem Meter ohne Schaden überstanden haben. Davon werden aber erst künftige Smartphone-Generationen profitieren. 

Nur weil ein Smartphone mit dem Label "Gorilla-Glas" wirbt, muss es nicht unbedingt stabiler sein als die Modelle der Konkurrenz, die ein anderes Produkt verbaut haben – zum Beispiel vom Smartphone-Zulieferer Schott aus Deutschland oder von AGC aus Japan. Auch die japanische Firma Asahi hat mit "Dragontrail" ein namhaftes Glas für mobile Geräte entwickelt.

In der Zukunft könnten auch Displays aus extrem hartem Saphir-Glas an Bedeutung gewinnen. Apple setzt bereits in Teilen auf dieses extrem teure Material und tüftelt fleißig an einer eigenen Display-Technologie. Auch HTC hat bereits mit der Luxus-Variante des HTC U Ultra ein Smartphone mit Saphir-Display herausgebracht. Aus Kostengründen sind solche Modelle aber noch nicht massentauglich. 

Saphir-Glas ist nämlich die mit Abstand teuerste Display-Variante. Dafür sollen diese Displays nahezu unzerkratzbar sein: Nur ein Diamant hinterlässt darauf seine Spuren. Das bedeutet allerdings nicht, dass Saphir-Glas unzerbrechlich ist. Auf starken Druck oder heftige Einschläge reagiert es durchaus empfindlich. 

Die billigsten Displays bestehen aus gehärtetem Glas. Von allen Varianten zerkratzt diese am leichtesten. Gorilla Glass und Dragontrail liegen im Mittelfeld, was Verfügbarkeit, Preis und Schutzlevel angeht. Vor allem beim Aufprallschutz, schneiden diese Spezialgläser am besten ab. Sie sind flexibler als Saphir-Glas und stecken einen Sturz daher deutlich besser weg. Außerdem halten sie mehr Gewicht aus. 

Leider gibt es keine offizielle Statistik darüber, ob Smartphones mit Gorilla-Glas seltener zu Bruch gehen als andere Geräte. Um die Qualitäten der Displays zu bewerten, sind wir weitgehend auf Herstellerangaben und Labortests angewiesen. Diese sagen jedoch nichts darüber aus, wie resistent das fertige Gerät sein wird. Schließlich spielt dabei auch die Rahmenverarbeitung eine Rolle und zahlreiche andere Faktoren wie Gewicht und Design. 

Was wir mit Sicherheit sagen können: Jedes Display-Material hat seine Vor- und Nachteile. Die große Beliebtheit des Gorilla-Glases erklärt sich unter anderem aus dem vergleichsweise günstigen Preis, der hohen Verfügbarkeit und der fortschreitenden, für jedermann nachvollziehbaren Evolution des Glases. Dem Hersteller Corning ist es gelungen, sich durch ein extrem gutes und aggressives Marketing einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.

Keine Smartphone-Tipps verpassen: Folgen Sie t-online.de Digital auf Facebook oder Twitter. 

Vor allem aber hat es Corning verstanden, auf Probleme der Nutzer zu hören. Die meisten Display-Schäden entstehen durch Ungeschicklichkeit: Laut einer eigenen Erhebung von Corning gehen 70 Prozent der Displays zur Bruch, weil dem Nutzer das Smartphone aus der Hand gefallen ist.

Die Firma  hat sich darum früh darauf konzentriert, Glasabdeckungen zu entwickeln, die Stürze aus der typischen Nutzungssituation, also aus Handhöhe, überstehen. Viel mehr muss so ein Glas nicht können. Denn: Ein Kratzer auf dem Display mag ärgerlich sein – ein Riss aber beeinträchtigt die Funktionen und verringert die Lebensdauer eines Handys erheblich. 

Für Kritik oder Anregungen füllen Sie bitte die nachfolgenden Felder aus. Damit wir antworten können, geben Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse an. Vielen Dank für Ihre Mitteilung.

Der Internet Explorer wird nicht länger von t-online unterstützt!

Um sicherer und schneller zu surfen, wechseln Sie jetzt auf einen aktuellen Browser.

Wir empfehlen unseren kostenlosen t-online-Browser: